Die symbolträchtige Räumung der ZAD de la Colline


Der Kampf gegen einen der grössten Klimasünder und für die Erhaltung der Natur hat einen Rückschlag erlitten. Die Zone à Défendre (ZAD) de la Colline wurde Ende März geräumt. Ein weiteres Mal hat sich der Staat und Kanton Waadt auf die Seite eines multinationalen Unternehmens gestellt. Dies ist symbolisch für den Schweizer „Kampf“ gegen die Klimakrise.


Bereits im Oktober 2020 begann die Besetzung des Hügels Mormont nahe Lausanne. Mit der Bezeichnung ZAD (Zone à Défendre) sieht sich diese basisdemokratische Widerstandsform in einer Reihe mit Projekten wie der ZAD in Notre-Dame-des-Landes1 oder dem Hambacher Forst, welcher 2018 geräumt wurde. Diese drei Beispiele sind drei von vielen Projekten, welche sich gegen einen weiteren Raubbau zwecks des Profits wandten.

 

Holcim: Kein unbeschriebenes Blatt


Der Gegner der Besetzer*innen in der Waadt ist kein Unbekannter: Der Konzern Lafarge Holcim ist einer der grössten Umweltverschmutzer auf diesem Planeten. Der Konzern ist hauptsächlich in der Zementproduktion tätig, so auch direkt beim Hügel Mormont, wo das bestehende Bergwerk schon bald ausgeschöpft ist. Das betroffene Gebiet gilt als „landschaftlich national bedeutend“ und beheimatet Flora und Fauna, welche als schützenswert gilt.

Vom Kanton hatte der Konzern trotzdem bereits die Bewilligung erhalten, das Bergwerk zu erweitern. Auch hier wurde also Profit über Ökologie gestellt. Momentan ist noch eine Beschwerde beim Bundesgericht hängig, wodurch die Räumung Ende März als Räumung auf Vorrat gelten kann.


Nicht nur in der Schweiz steht der Konzern in der Kritik. Da der Betrieb oftmals noch Kohle zum feuern der Öfen verwendet, ist die CO2-Billanz des Konzerns miserabel. Zudem sieht sich der weltweit tätige Konzern immer wieder mit Menschenrechtsverstössen konfrontiert. So wurde bekannt, dass der Konzern 2013 während des syrischen Bürger*innenkriegs Unsummen an Milizen bezahlt hatte, damit das Werk dort weiterhin Geschäfte machen konnte. Zu den Empfänger*innen zählte unter anderem der „Islamische Staat“ IS, welcher für massive Gräueltaten in der Region verantwortlich ist.


Symbolisch auf mehreren Ebenen


Die Geschichte der ZAD de la Colline zeigt mehrere Probleme auf:


1. Die „Grüne Welle“ im Parlament und Exekutive reicht nicht. Nachdem in den Wahlen die grüne – wie auch die grünliberale – Partei zugelegt hatte, war die Hoffnung (unter Liberalen) gross, dass die Klimakrise gemeistert würde. Es war nun jedoch schon wieder eine grüne Regierungsrätin, welche als Vorsteherin des Justiz- und Umweltdepartements des Kantons die Räumung durchgeführt hat. Die zunehmende Radikalisierung in den Aktionen im Umfeld des Klimastreiks zeigt auch, dass die Bewegung berechtigter weise nicht mehr allzu viel Vertrauen in die Politik setzt. Sowohl die ZAD de la Colline wie auch die Besetzung des Bundesplatzes wurde von vielen Klimagruppen mindestens gutgeheissen wenn nicht gar aktiv unterstützt.

Bild: Mit einem massiven Aufgebot hat die Polizei und Feuerwehr das Gelände geräumt. Da sich Personen in Bäumen verschanzten, dauerte die Räumung noch Tage an.

 

2. notwendiger Umbruch bleibt aus


Der Entscheid, den Mormont-Hügel für die Zementproduktion zu opfern, zeigt ein weiteres Mal auf, wo unser Staat steht. Schon wieder haben Geldinteressen gewonnen. Trotz Brandreden in Wahlkämpfen bewegt sich immer noch wenig in der Politik. Stattdessen wird lieber Symbolpolitik gemacht: Es wird darum gekämpft, dass auf individueller Ebene Veränderungen stattfinden wie z.B. Biologisch einkaufen, Mit Fahrrad statt Auto fahren oder keine Flugreisen mehr machen. Es ist aber eigentlich schon bekannt, dass der Grossteil der Umweltschäden durch Konzerne verursacht werden. Die „individuellen“ Entscheidungen können zudem zum Teil gar nicht so freiwillig getroffen werden, da das Geld oder ÖV-Anbindung fehlt. Die Klimapolitik scheut sich immer noch davor, auf die notwendige Konfrontation mit der Wirtschaft zu gehen.


3. Wirtschaftssystem ist unfähig, die Krise abzuwenden.


Der Kapitalismus, auch der „grüne“ Kapitalismus, wird die Krise niemals abwenden, da er in seinen Grundfesten auf Ausbeutung – vom Mensch, Tier und Natur – und immer weiter steigender Produktion basiert. Wenn z.B. Holcim nicht stetig wächst, wird der Konzern untergehen. Doch genau dieses Wachstum verschlimmert die Klimakrise noch. Ohne einen Bruch mit diesem Wirtschaftssystem wird eine Netto-Null-Lösung des CO2-Ausstosses nicht realistisch sein.


Die zunehmende antikapitalistische Haltung z.B. der Klimastreik-Bewegung lässt daher hoffen, dass die Bewegung sich nicht von den leeren Versprechen der Politik einlullen lässt. Besonders da diese Politik immer krassere Repression gegen die Bewegung auffährt, während Konzerne hofiert werden.


FAT

[1] Die ZAD, welche sich auf dem alten Flughafengelände befand, wurde auch zum Schutz eines Naturgebiets errichtet. Damals ging es gegen den Konzern Vinci. Nach einem erfolglosen Räumungsversuch 2018, ist die ZAD quasi legal bzw. geduldet.

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