Sudan: fragwürdiger "Friedensschluss"

Ein Teil der Opposition im Sudan, namentlich das Bündnis Forces of Freedom and Change, hat nun doch einen Kompromiss mit dem temporären Militärrat (temporary military council TMC) geschlossen. Der TMC hat seit dem Sturz des ehemaligen Diktators Omar Al-Bashir im April die Macht im Sudan übernommen. Dabei ist der TMC besonders in letzter Zeit nicht zimperlich mit den Protestierenden umgegangen. Letzte Woche wurden mehrere Demonstrant*innen, darunter auch vier Schüler*innen von den Militärs getötet.

 

Eine Frage der Immunität

 

Gerungen wurde in den Verhandlungen vor allem um die Frage, inwiefern die Vertreter des TMC Straffreiheit geniessen sollten. Die Forces of Freedom and Change wollten die geforderte Amnestie der Straftaten der Militärs anfangs nicht akzeptieren. Mittlerweile scheinen beide Seiten von ihren Positionen abgerückt zu sein: Die Vereinbarung vom Sonntag sieht eine unabhängige Untersuchung der letzten Monate vor und könnte theoretisch zur Verurteilung von Vertretern des TMC führen. Realistisch gesehen wird diese „Untersuchung“ jedoch eher dazu führen, dass einzelne Sündenböcke in den unteren Rängen verurteilt werden und nicht die Mörderbande des TMC.

 

Keine Auflösung der Rapid Support Forces RSF

 

Besonders die radikaleren Elemente der Demonstrierenden forderten eine Auflösung der paramilitärischen Rapid Support Forces RSF. Diese hatten sich bereits als irreguläre Miliz während des Darfur-Konflikts durch Brutalität und Genozid hervorgetan. Danach wurden sie als Paramilitärs weitergeführt und waren federführend beim Massaker Anfangs Juni in der Hauptstadt Khartoum. Der nun ausgehandelte Vertrag sieht jedoch keine Auflösung dieser Mörderbande vor, sondern lediglich die Integration in das reguläre Militär. Der Anführer der RSF, genannt Hemeti, hat eine prominente Rolle im TMC inne.

 

Weit entfernt von einem demokratischen Wandel

 

Der nun ausgehandelte Vertrag sieht eine Teilung der Staatsgewalt zwischen „Vertreter*innen“ des Widerstands und des Militärs vor und soll in 3 Jahren zu den ersten demokratischen Wahlen führen. Dem Elf-köpfigen Übergangskommittee sollen neben 6 zivilen Vertreter*innen auch 5 Angehörige des Militärs angehören, wobei das Militär in den ersten 2 Jahren den*die Präsident*in stellen wird. Ob ein echter Wandel mit den Militärs des alten Regimes möglich ist, bleibt jedoch stark zu bezweifeln. Und somit bleibt auch der weitere Verlauf der Revolution im Sudan ungewiss. Unter anderem die Kommunistische Partei des Sudans hat sich aus Protest aus den Verhandlungen zurückgezogen und die Bevölkerung aufgefordert, sich nicht mit diesem faulen Kompromiss abspeisen zu lassen und fordert weiterhin Druck von unten und die totale Abgabe der Macht an die Bevölkerung.

 

weitere Infos zur abgeschlossenen Konstitutionellen Deklaration findet ihr in der kommenden Ausgabe di Schwarzi Chatz #60

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