Türkische Invasion Rojavas abgewendet – vorerst

Schon lange droht der Türkische Staat unter Erdogan damit, in die freien Gebiete Nordsyriens einzumarschieren. Nachdem Mitte Juli die Gefahr nochmals stieg, hat sich die Lage vorerst entspannt. Aber für wie lange?

 

Die Region Rojava erklärte sich in den Wirren des syrischen Bürger*innenkriegs als unabhängig und demokratisch. Besonders in der europäischen Linken gilt das Projekt Rojava als revolutionär, da es die Bevölkerung Rojavas während des Kriegs schaffte, eine Beteiligung aller in der Region herzustellen und nebst ökologischen, auch feministische Anliegen in der neuen Gesellschaft einzubauen, was auch in unseren Breitengraden ihresgleichen sucht.

 

Kurdische Milizen gute Verbündete der USA

 

Die revolutionären Kräfte, namentlich die YPG/YPJ (Volks- und Frauenverteidigungseinheiten) wie auch die übergreifende Koalition der Syrian Democratic Forces hatten sich während des Kampfes gegen den Islamischen Staats als effektivste Miliz hervorgetan, dies auch weil sie im Unterschied zu den anderen Milizen nicht für Geld und Macht, sondern für die Befreiung aller kämpfen. So konnten sie wider allen militärischen Erwartungen den Angriff des IS auf die Stadt Kobanê 2013 zurückdrängen. Die USA unterstützte die SDF schon früh mit Luftunterstützung, Ausbildung und Waffen. Nach dem Fall des Kalifats des IS ist jedoch fraglich, wie lange die USA noch zu der SDF halten wird. Denn – wie es der ehemalige US-Aussenminister Kissinger ausdrückte – Die USA hat keine Freund*innen, sie hat nur Interessen.

 

Der Kurd*innenschlächter Erdogan wartet bereits

 

Nachdem sich der Kurdisch-Türkische Konflikt 2013 zu entspannen schien und Erdogans Regierung Gesprächsbereitschaft andeute, änderte letztere kurzum ihre Position und startete kurz darauf neue Offensiven gegen die kurdischen Teile der Bevölkerung. Ihm und seiner Partei AKP missfällt die Autonomie der Nordsyrischen Gebiete daher seit Beginn des Syrischen Bürger*innenkriegs. Bisher hielt wohl jedoch auch das Bündis der SDF mit den USA – welche ihrerseits gemeinsam mit der Türkei im Nato-Bündnis ist – die Türkei von einem vollumfänglichen Angriff auf die kurdischen Gebiete in Syrien ab. Gleichzeitig ist die autoritäre Türkei nicht gewillt, eine selbstverwaltete, demokratische Zone an ihren Grenzen zu dulden und schon gar nicht eine, welche von den Kurd*innen mitverwaltet wird. Die vorgebrachten Argumente, die Region Rojava sei eine Bedrohung für die militärisch hochgerüstete Türkei, sind Augenwischerei. Vielmehr geht es hier darum, dass Erdogan einerseits das Land von den mehreren Millionen syrischen Flüchtlingen „befreien“ will und in die geforderte Pufferzone umsiedeln will und andererseits seinen Einfluss in Syrien ausweiten will. Doch solange die USA die Lufthoheit in Nordsyrien hält, wird eine Invasion schwierig, sowohl militärisch wie auch politisch. Denn Sanktionen kann sich die wirtschaftlich bereits angeschlagene Türkei nicht leisten.

 

 

 

Vorerst keine Invasion

 

Nachdem der türkische Staat Mitte Juli rhetorisch bereits auf Angriffskurs gegen Rojava ging und Truppen entlang der Grenze positioniert hatten, haben Gespräche zwischen der Türkei und den USA ein solches Szenario vorerst abgewendet. Jedoch ist immer noch die Frage, wie und ob die geforderte Pufferzone von 35 Kilometern eingerichtet wird. Diese würde einige der grössten Städte in der selbstverwalteten Zone Rojavas einschliessen.

 

Nicht der erste Einmarsch

 

Es wäre nicht die erste Invasion des türkischen Militärs in Syrien. Anfangs 2018 marschierte diese bereits in die autonome Region Afrin ein und eroberte diese von den SDF verteidigte Region. Wo der Staat nicht selbst einmarschierte, finanzierte und unterstützte die Türkei immer wieder islamistische Milizen und auch den IS. Die westlichen „Demokratien“ haben dieser Kriegstreiberei bisher tatenlos zugeschaut, sind sogar teilweise gegen die kurdischen Bewegungen und Sympathisant*innen in ihren eigenen Ländern vorgegangen.

 

Solidarität ist gefragt

 

Es darf nicht sein, dass das revolutionäre Projekt in Rojava scheitert. Deshalb ist auch die westliche Gesellschaft gefragt: Mit einer Bekanntmachung des Projekts, Spenden und andersweitiger Unterstützung.

 

 

 

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